
Manuskript der Longobarden, eines germanischen Stammes |
In vergangenen Zeiten lebten die deutschen Stämme nördlich der von Rom beherrschten Gebiete. Sie wurden Germanen genannt und waren zumeist gross, blond und blauäugig. Sie lebten von Jagd, Fischerei und primitiver Landwirtschaft. Körperliche Stärke und Ausdauer galt viel bei ihnen. Während dieser Zeit dehnten Julius Cäsar und sein Nachfolger Augustus das Römische Reich bis zum Rhein und an die obere Donau aus. Überall, wo die römischen Legionen blieben, wurden Festungen gebaut. Ungefähr 150 Jahre lang herrschte Frieden zwischen den Römern und Germanen.
Da die Feldarbeit der Germanen nicht weit entwickelt war, suchten sie immer neue Gebiete, wo sie Siedlungen machen konnten. Auch wuchs die Zahl der Stämme, und sie brauchten mehr Lebensraum. So begann die Zeit der Völkerwanderung, die sich bis ins 5. Jahrhundert fortsetzte. Von den vielen Stämmen, die an der Völkerwanderung teilnahmen, überlebten nur die Franken und Angelsachsen unbehelligt diese Zeiten. Diese Germanen wurden die Gründer des ersten deutschen Staates. 486 nach Christus wurde Clotwig, der aus dem Könighaus der Merowinger stammte, der Herrscher des deutschen Königreichs. Es stand noch stark unter römischen Einfluss. |
| Gotisch c. 350-600 |
| ... weihnai namo thein | ... geheiligt sei dein Name |
| qimai thiudinassus theins | Dein Königreich komme, |
| wairthai wilja theins | Dein Wille geschehe |
| swe in himina | Wie im Himmel |
| jah ana airthai ... | auch auf Erden .... |

Karl der Große |
In der späteren Hälfte des 8. Jahrhunderts wurde Karl I. Herrscher des Fränkischen Reiches. Er regierte von 768 bis 814 und war ein weiser Feldherr und Staatsmann, der sehr viel Wert auf Kultur und Erziehung legte. Wegen seiner politischen Erfolge ging er in die Geschichte als Karl der Grosse ein.
Karl war loyaler Christ, und der Papst erkannte ihn als den mächtigsten Herrscher Europas an, dessen Ziel es war, die romanischen und germanischen Völkerstämme unter eine gemeinsame Regierung zu bringen. Im Jahre 800 wurde Karl der Grosse überraschen von Papst Leo III. in Rom zum Kaiser gekrönt. Die Hauptstadt des neuen Kaiserreichs wurde Aachen. Karl lenkte die Geschicke seines Reiches mit grosser Energie und Klugheit. Als Beschützer des Rechts wurde er noch in späteren Jahrhunderten verehrt. |
Er fühlte sich auch verpflichtet, die christliche Bevölkerung seines Reiches gegen die Invasionen der heidnischen Nachbarn zu schützen und mit seiner Herrschaft das Christentum weiter auszubreiten. Auch liess er genaue Kopien von kostbaren Manuskripten anfertigen, die er auch zu seinen eigenen Studien verwandte. Karl versuchte auch die Architektur zu fördern. Ein Beispiel für die Entwicklung des romanischen Stiles ist der Dom zu Aachen. Hier wurde Karl der Grosse 814 in einem römischen Marmorsarge zur Ruhe gelegt.
Unter den Nachfolgern Karls des Grossen begannen neue schwere Kämpfe um die Macht. Sie besassen aber weder die Kraft noch die Fähigkeit, die Herrschaft über ein so enormes Reich weiterzuführen. Schliesslich zerfiel das Fränkische Reich wieder und es wurde 834 in Verdun unter seine drei Enkel neu aufgeteilt. |

Der Aachener Dom |
| Althochdeutsch c. 750-1000 |
| dat sagetun mi usere liuti | Das sagten mir unsere Leute |
| alte anti frote, dea erhina varun | alte und erfahrene, die vordem waren |
| dat hiltibrant haetti min fater | dass Hildebrant mein Vater hiess |
| ih heittu hadubrant ... | ich heisse Hadubrant ... |

Otto I., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs |
Als der nächste grosse Vereiniger Westeuropas gilt Otto I., auch der Grosse genannt, der 936-973 als Kaiser regierte. Papst Johann XII. krönte Otto I. im Jahre 962 zum Kaiser des »Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation«. Sein Reich erstreckte sich schliesslich von der Nordsee bis zum Mittelmeer einschliesslich der heutigen Gebiete von Holland, Belgien, Elsass-Lothringen, Ost- und Westdeutschland, Österreich und Italien. Trotzdem war es im wahren Sinne des Wortes kein Kaiserreich; denn der Kaiser war für den grössten Teil des Reiches nur eine Schattenfigur ohne Macht. Könige, Grafen und andere Edelleute regierten innerhalb des Kaiserreichs ihre eigenen kleinen Staaten ohne bedeutende Intervention vonseiten Ottos.
Der Kaisertitel war zu dieser Zeit nicht mehr vererblich und wurde von Edelleuten und Bischöfen durch Wahl vergeben. Schliesslich wurde die Wahl auf sieben Kurfürsten beschränkt. Sie liessen den Kaiser fast nie vergessen, dass er seine Position nur ihnen zu danken hatte. So wurden die Kaiser immer machtloser und waren nicht in der Lage, Deutschland wiederzuvereinigen. |
Während des Mittelalters waren die Bauern meist von der herrschenden Ritterschaft abhängig. Um das Jahr 1100 herum führte das Anwachsen der Bevölkerung auch zum Anwachsen der Städte und Dörfer. Einige der Städte, die damals gegründet wurden und sich bis heute kaum verändert haben, wie Rothenburg ob der Tauber und das bayrische Dinkelsbühl, sind gute Beispiele für solche mittelalterlichen Städte. Die Kaufleute und Handwerker, die in diesen Orten lebten, gehörten zum Mittelstand und wurden Bürger genannt. Zum Schutz ihres Handels formten mehrere deutsche Städte den Hansebund. Städte wie das heutige Hamburg, Bremen und Lübeck waren seine Mitglieder, und Köln galt als das westdeutsche Haupt dieses mächtigen Bundes. |

Die Hansestadt Lübeck |

Das Heilige Römische Reich um 1100 |
Eine der glanzvollsten Kaisergestalten des Mittelalters war Friedrich I., den die Italiener wegen seines roten Bartes »Barbarossa«, d.h. Rotbart, nannten. Er wurde im Jahre 1152 zum Kaiser gewählt. Auf dem 3. Kreuzzug im Jahre 1190 ertrank Barbarossa in dem türkischen Fluss Saleph, der heute Göksu heisst. Die Sage berichtet aber, dass er nicht wirklich gestorben, sondern nur eingeschlafen sei, und zwar in einer Höhle im Kyffhäuserberg in Thüringen. Alle hundert Jahre wache er wieder auf, um zu sehen, ob Deutschland endlich wiedervereinigt sei. |

Friedrich I. »Barbarossa« |
| Mittelhochdeutsch c. 1050-1350 |
| Uns ist in alten mæren | Uns ist in alten Mären |
| wunders vil geseit | viel Herrliches gesagt |
| von helden lobebæren | von rühmvollen Helden |
| von grôzer arebeit | von grosser Arbeit |
| von vröuden hôchgeziten | von den höchsten Freuden |
| von weinen und von klagen .... | von Weinen und von Klagen |
Nach dem Tode Friedrichs II. im Jahre 1250 brach eine Periode der Unrast über das Reich aus. Es zerfiel in viele Grafschaften, Herzog- und Fürstentümer, die jede ihren eigenen Herrscher hatten. Im Jahre 1273 wurde Rudolf I. von Habsburg zum Kaiser gewählt. In den nächsten fünf Jahrhunderten stellten die Habsburger fast alle deutsche Kaiser. Sie hatten in dieser Zeit die Oberhoheit in Österreich, aber eigentlich wenig Macht in Deutschland. In Österreich blieben die Habsburger bis 1918 die regierende Herrscherfamilie. |

Rudoph I. von Habsburg |

Kreuzritter |
Die Kreuzzüge waren kriegerische Aktionen zugunsten der christlichen Kirche im Mittelalter. Vor allem im 12. und 13. Jahrhundert unternahmen europäische Christen, die man Kreuzfahrer nannte, verschiedene solcher Kreuzzüge gegen die »ungläubigen« Mohammedaner, welche die »Heiligen Stätten« in Jerusalem beherrschten. Als Motive für die Kreuzzüge kann man religiösen Fanatismus, Abenteuerlust und Beutegier betrachten. Fünf bis sieben Millionen Männer der führenden Schichten Europas fielen ihnen zum Opfer. |
Nach erfolglosen Versuchen von Wiclif, Hus und anderen Vorreformatoren riefen im 16. Jahrhundert Luther, Zwingli und Calvin zur Erneuerung der Kirche auf. Dies führte dazu, dass die alte Kircheneinheit aufgelöst wurde und neue protestantische Kirchen entstanden. Zum Anlass der Reformation wurde die Auseinandersetzung mit der katholischen Lehre vom Sündenablass, die 1517 mit der Bekanntgabe von Luthers 95 Thesen begann. Später kam seine Kritik an anderen Doktrinen hinzu.
Besonders wichtig an Luthers Lehre ist sein Kampf gegen die Interpretation vom freien Willen, dem er den unfreien Willen gegenüberstellt, weil der Mensch unter dem Zwang der Sünde steht. Luthers Bibelübersetzung (1534) machte einen grossen Schritt zur Vereinheitlichung der deutschen Sprache, und wird noch heute häufig gelesen. |

Martin Luther |
| Frühneuhochdeutsch c. 1350-1650 |
| Hör, Mensch, | Hör, Mensch, |
| wenn du zu Tisch wilt gahn, | wenn du zu Tisch gehen willst, |
| dein Händ solt du gewaschen han. | sollst du deine Hände gewaschen haben. |
| Lang Nägel ziemen gar nit wohl | Lange Nägel ziemen (sich) gar nicht wohl, |
| die man heimlich abschneiden soll. | die soll man heimlich abschneiden. |
| Der Dreissigjährige Krieg von 1618 bis 1648 vernichtete die Macht und den Wohlstand Deutschlands, das der Kriegsschauplatz war. Drei Fünftel seiner Bevölkerung, etwa 10 Millionen Menschen, wurden die Opfer dieses grausamen Krieges. Das Auflösen des Krieges stammte von der Spannung zwischen dem Protestantismus und dem Katholizismus, besonders in Böhmen. Dort kam es zum Bürgerkrieg, und durch die Intervention anderer Länder wurde er zu einem Krieg der europäischen Mächte. Das Kriegsende kam endlich mit dem Westfälischen Frieden zu Münster, dessen Resultat die Zerrissenheit des Deutschen Reiches war. |

Plündern eines Dorfes im 30-Jährigen Krieg |

Friedrich der Große von Preußen mit seinem Lehrer und Freund Voltaire |
Preussen wurde die Kernzelle des neuen und kleineren deutschen Reiches. Es war zuerst das Gebiet von Ostpreussen, das unter Kurfürst Friedrich I. (1417-40) sich gegen die Macht des Adels und der Städte durchsetzte. Preussens weiterer Aufstieg kam im 17. Jahrhundert, als die Herzöge geordnete Finanzen, ein pflichteifriges Beamtentum und eine fähige Wehrmacht entwickelten.
1701 erwarb Friedrich Wilhelm I. die preussische Königskrone. Er brachte die Finanzen, das Beamtentum und das Heer auf solche Höhe, dass sein Sohn Friedrich der Grosse danach den Krieg um Schlesien gegen das Kaiserhaus unter Maria Theresia gewinnen konnte. Von 1740 an gehörte Preussen zu den Weltmächten. Aber der preussische Staat war unter den weniger fähigen Königen Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III. nicht imstande, seine alte Macht zu erhalten. |
| Das isolierte Preussen unterlag Napoleon im Kriege von 1806-07. Es wurde auf die Hälfte seine Grösse reduziert und verlor seine militärische Macht. Aber eine Reformperiode von nur wenigen Jahren genügte, Preussen zu gefürchteten Vorkämpfer der Befreiung von Napoleon zu machen. |

Napoleon Bonaparte |
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